Das Jahr geht dem Ende entgegen - für den VfL Germania Leer war es ein absolut erfolgreiches. Souverän fuhr ein sehr junges Germania-Team im Sommer die Meisterschaft in der Bezirksliga ein. Und
auch in der Landesliga lief es bisher viel besser für den VfL als viele Experten vermutet hätten. Grund genug, um noch einmal mit Trainer Michael Zuidema auf das erfolgreiche Jahr
zurückzublicken.
Was für ein Jahr für den VfL Germania Leer! War diese Entwicklung vor einem Jahr schon für Dich absehbar?
Michael Zuidema: Im vergangenen Winter hatten wir die Hoffnung, dass wir
wirklich Meister werden und aufsteigen können, wenn wir vom Verletzungspech verschont bleiben. Und obwohl wir in der Bezirksliga eine starke Hinrunde gespielt hatten, war es klar, dass es noch
ein steiniger Weg wird. Aber wie souverän unsere junge Mannschaft mit dem Druck umgegangen ist, hat uns alle sehr beeindruckt. Den Charakter einer Mannschaft erkennt man immer daran, wie sie mit
Rückschlägen umgeht. Wir haben gegen Ende der Saison in der Bezirksliga in Strudden und Loga verloren. Da haben wahrscheinlich viele Fußballfreunde gedacht, dass unser Team noch nervös wird. Aber
am Ende hat es dazu geführt, dass das Team noch konzentrierter und zielstrebiger arbeitete. Das ist für eine so junge Mannschaft alles andere als selbstverständlich. Über 100 Tore schießt man
auch in der Bezirksliga nicht einfach so. Und genau diesen Weg der hochkonzentrierten Arbeit ist unsere Mannschaft dann auch in der Landesliga weitergegangen und hat sich nochmal
weiterentwickelt. Wir haben gesehen, dass wir in der Lage sind, jeden Gegner in der Landesliga zu besiegen. Ich traue meiner Mannschaft sehr viel zu und habe viel Vertrauen in meine Spieler. Aber
wie reif unsere junge Mannschaft in vielen Spielen der Landesliga aufgetreten ist, war schon überraschend und sehr beeindruckend. Platz 7 ist zur Winterpause eine tolle Belohnung. Wenn man mir
vor einem Jahr den siebten Landesliga-Platz zur Winterpause 19/20 angeboten hätte, dann hätte ich auf jeden Fall angenommen (lacht). Ich denke, dass es viele Fußballfreunde gibt, die uns das
nicht zugetraut hätten.
Dabei gab es am Ende der Hinrunde sogar erstmals zwei Niederlagen in Folge...
Michael Zuidema: Ja, Niederlagen ärgern uns natürlich. Aber wir haben gegen zwei Topmannschaften der Liga verloren. Das ist keine Schande – zumal wir in Melle in der ersten Halbzeit die bessere
Mannschaft waren. Und selbst beim 1:6 in Biene war ich nicht so unzufrieden, wie es das Ergebnis vermuten lässt. Biene war einfach gnadenlos effizient. Zum Ende der Hinrunde hatten wir erstmals
auch mit Verletzungssorgen zu kämpfen. Viele Spieler waren angeschlagen. Martin Pruin fiel nach seiner Zahn-OP aus.
Generell war es aber sehr beeindruckend, auf welch konstant hohem Niveau das junge Team spielte…
Michael Zuidema: Absolut. Wir sind diesen Weg mit sehr vielen Spielern aus der eigenen Jugend in den vergangenen Jahren konsequent gegangen. Ein junger Kader birgt natürlich auch Risiken. Wir
wissen alle, dass wir sehr talentierte Spieler in unseren Reihen haben. Aber junge Spieler sind oft Leistungsschwankungen unterlegen. Das ist völlig normal. Umso erstaunlicher war es, dass unsere
Spieler Woche für Woche hochkonzentriert arbeiteten und Leistungsschwankungen fast ausblieben. Das ist außergewöhnlich. Man muss sich immer klar vor Augen führen, dass es sich bei unseren
Spielern fast ausnahmslos um Spieler handelt, die noch nicht am Ende ihrer fußballerischen Entwicklung sind. Fehlende Erfahrung wird insbesondere in der Landesliga schnell bestraft. Doch wir
konnten die fehlende Erfahrung mit hoher Konzentration und einer enormen Lauf- und Zweikampfstärke kompensieren. Das verdient höchsten Respekt. Es gab nur sehr wenige Spiele, in denen uns das
nicht gelang.
In welchem Spiel zum Beispiel?
Michael Zuidema: Gegen BW Lohne haben wir zum Beispiel unsere Grenzen aufgezeigt bekommen. Lohne hat nicht sonderlich spektakulär gespielt – aber das muss eine Spitzenmannschaft auch nicht. Lohne
war unaufgeregt, robust, effizient und clever. Von solchen Mannschaften müssen wir lernen. Aber das ist ja auch das Schöne in der Landesliga: Jede Woche können wir etwas mitnehmen und noch ein
Stück besser werden.
Siebter Platz, tolle Hinrunde und die Chemie in der Mannschaft stimmt absolut. Und trotzdem steht in der Rückrunde der Kampf um den Klassenerhalt im Fokus...
Michael Zuidema: Ja, das ist leider die bittere Situation in der Landesliga. Die vielen Absteiger sorgen dafür, dass sich sogar Spitzenmannschaften nicht sicher fühlen können. Das ist natürlich
eine sehr unglückliche Situation. Vereine müssen ja auch planen können. Deshalb muss dringend eine andere Lösung her. Es kann nicht sein, dass ein Drittel der Liga am Ende der Saison absteigen
muss. Aber wir müssen uns nun dieser Situation stellen. Wir wissen, dass wir uns überhaupt nicht auf dem bisher Erreichten ausruhen können. Im Gegenteil: Wir müssen nochmal drauflegen. Wir haben
das nötige Vertrauen in unsere Mannschaft. Aber wir brauchen auch weiterhin das Glück, von Verletzungen verschont zu bleiben. Mit der nötigen Leichtigkeit wollen wir das Publikum weiter
begeistern.
Apropos Publikum. Viele Fans sagen, dass in den vergangenen Landesliga-Jahren „Fußball gekämpft“ wurde – und jetzt „Fußball gespielt“...
Michael Zuidema: Ich fand auch, dass wir viele sehr ansehnliche und teilweise sogar spektakuläre Spiele gezeigt haben. Dazu mussten manchmal nicht mal Tore fallen. Spiele gegen Melle oder
Cloppenburg waren trotz 0:0 beste Werbung für die Landesliga. Und daran hatten wir großen Anteil. Das war schon sehr hohes Niveau. Dazu kamen natürlich sehr überzeugende Siege wie zum Beispiel
gegen Oythe, Papenburg oder Schüttorf. Unser Spielsystem erfordert sehr viel Disziplin und Konzentration, da es immer ein Zusammenspiel der einzelnen Mannschaftsteile geben muss – auch ohne
Ballbesitz. Das erfordert intensive Trainingsarbeit. Was sich die Mannschaften in den Einheiten erarbeitet und dann in den Spielen umgesetzt hat, macht mich sehr stolz.